AUGSBURGER ALLGEMEINE - 1. Oktober 2018
(Nina Stazol)
COMOEDIA MUNDI versetzt in eine andere Welt
COMOEDIA MUNDI - Auf magische Weise weckt die Gruppe menschliche Sehnsüchte

Nomadendorf mit Schafherde oder Wanderzirkus? Gemeinsam mit den 20 Betonschafen des Textilmuseums, die auf der Wiese weiden, bilden das dunkelblaue Zelt und die elf dazugehörigen schmucken Zirkuswagen ein märchenhaft verführerisches Arrangement auf der Grünfläche an der Provinostraße. Comoedia Mundi, Bayerns einziges Tourneetheater mit eigener mobiler Spielstätte, hat hier sein Bühnenzelt aufgespannt und bietet bis 21. Oktober ein Gesamtkunstwerk. Theater verbindet sich hier mit Kulinarik und Atmosphäre.
Von April bis Oktober ist Comoedia Mundi auf Tour.

Abends glühen gespannte Lichterketten, eine eigene Litfaßsäule informiert über den aktuellen Tourneespielplan der Theatergruppe mit Wintersitz im mittelfränkischen Trautskirchen. Fabian Schwarz hat sie gegründet. Seit mittlerweile 35 Jahren zieht der entspannt wirkende Mann mit den leuchtenden Augen mit Comoedia Mundi durch die Lande, jeweils von April bis Oktober. Gegeben werden in diesem Jahr das Bewegungstheater „Follow me“, ein Stück für Kinder, ein Kurt-Weill-Abend und „Babettes Fest“ nach Tanja Blixen.

Bereits ab dem Nachmittag lädt ein eigener Caféwagen, mit eigens von Fabian Schwarz gezimmerter Holzveranda zum Verweilen ein. Urgemütlich ist es drinnen, Assoziationen zur Transsibirischen Eisenbahn werden wach, bizarr dabei dann aber, dass der Blick aus den Fenstern die Augsburger Kulisse freigibt. Als Besucher fühlt man sich sofort wohl und bereits ohne Theater zu gucken in eine andere Welt versetzt. Das Holz riecht nach Wald und Tournee, das Flair strömt Weite und gleichzeitig ein behagliches Heimatgefühl aus. Auf magische Weise verbinden sich hier zwei der großen menschlichen Sehnsüchte miteinander.
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Physisch möglich machen das neben befreundeten Helfern derzeit das Kernteam, Fabian Schwarz, seine Spiel- und Lebenspartnerin Loes Snijders, Sarah, eine der beiden Zwillingstöchter, sowie die zwei jungen Schauspieltalente Christina Schmideder und Iken Marei Sturm. Hier machen nahezu alle alles. Und vieles davon gemeinsam. Das derzeit sechsköpfige Team bewerkstelligt neben der künstlerischen Arbeit auch Auf- und Abbau von Zelt und Wagenstadt, was im Schnitt je eine Woche und viel körperlichen Einsatz erfordert. An Spieltagen essen alle gemeinsam, gekocht wird reihum. Es sei ein bisschen wie auf einem Schiff“, sagt Schwarz „nur dass das Deck ziemlich groß ist“.

Auch das eigentliche Theaterzelt ist von beachtlicher Größe. Es bietet Platz für 150 Zuschauer, verfügt über Licht und Tonanlage, und kann auch beheizt werden. Darin führen Schwarz und Snijders gerne Stücke für ein kleines Ensemble auf, am liebsten Geschichten, die vom Menschsein erzählen und sie persönlich berühren. Als Schauspieler seien sie transparent und dünnhäutig, fast so wie die Zeltplane. Oft stehen Stoffe mit Universalcharakter auf dem Spielplan. „Uhlenspiegel“ etwa, Dantes „Göttliche Komödie“ oder eben jetzt „Babettes Fest“, die Geschichte einer französischen Köchin, die durch ihre Kunst des Kochens die Gemüter verknöcherter Bewohner eines pietistischen Dorfs belebt.

Die Inszenierung ist poetisch, intensiv und von berührender Intimität. Fabian Schwarz und Loes Snijders brillieren in verschiedenen Rollen und mit Snijders erlebt man eine jener Ausnahmeschauspielerinnen, deren Ausstrahlung einnehmend ist und deren Spiel in jedem Moment fesselt. Auf den Ausspruch im Stück, „erlaubt mir doch, mein Äußerstes zu geben“ antwortet man innerlich: Ja gern. Er passt zu ihr wie zum gesamten Theaterprojekt: Sinnlich hoch drei.

Ideen für die kommende Stücke gibt es auch schon. Im Tagesgeschäft bleibt dafür neben Verwaltung, Werbung, Reparaturen und den Vorstellungen wenig Zeit, aber im Urlaub liest das Künstlerpaar und tauscht sich gerne aus. „Wer weiß, ,Der letzte Mohikaner‘ vielleicht, das hätte was“, überlegen die beiden Theaterleute.

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