FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG - 06.07. 2017
(Jürgen Richter)
Vom Kochlöffel verzaubert
Comoedia Mundi mit "Babettes Fest" am Museumsufer

Ein eintöniges Leben führen die beiden Schwestern zwischen Herd und Harmonium, bis die Fremde mit dem französischen Empfehlungsschreiben über die Schwelle des Pfarrhauses in Norwegen stolpert. Als Köchin aufgenommen, steht sie auf der untersten Stufe der abgeschiedenen kleinen Dorfgemeinschaft, mit ihrer Herkunft und ihren Erinnerungen aber verfügt  sie über weit mehr Lebensfreude als die Hausherrinnen.

Die Adaption von Tania Blixens Erzählung "Babettes Gastmahl", mit der die Comoedia Mundi diesen Sommer am Frankfurter Mainufer zu Gast ist, passt gut auf die düstere Bühne unter dem Zeltdach.
Sie macht die Gefühlskälte des religiös bestimmten Gemeinschaftslebens spürbar. Hier gilt jeder  Genuss jenseits von Stockfisch und Brotsuppe als Sünde, hier versichert man sich der richtigen Moral mit gefalteten Händen und formelstarren Sprüchen.

Der Außenseiterin Babette kommt es nicht zu, dagegen aufzubegehren. Doch sie traut es sich zu, die Asketen zu bekehren, und richtet ihnen ein Galadinner wie einst in Paris aus, als ihr ein Lotteriegewinn die finanzielle Möglichkeit beschert. Zu Recht wird ihr Geschenk nicht widerspruchslos akzeptiert, denn die Furcht vor dem süßen Leben ist begründet. Offenbaren die Gäste beim ersten Gang noch Abneigung und Missgunst, reift beim zweiten die Erkenntnis von der Torheit sämtlicher Rivalität. Beim dritten sind die Geständnisse aller Schandtaten fällig, beim vierten werden sie weinselig verziehen. Wenn sich das Gespräch vom Keifen zum Kichern entspannt hat, wird in dieser Welt nichts mehr sein wie vorher.

Die Fassung von Fabian Schwarz verbreitet in der Regie von Maximilian Berger die Stimmung eines Passionsspieles in dem die Dorfbewohner sich als Brüder und Schwestern titulieren, aber die Erinnerung an die Toten und an verpasste Chancen die Gemüter dominieren. Demut und Entsagung erhalten einen bedrohlichen Unterton. Doch die Selbstgerechten lassen sich schließlich von der Selbstlosen beschämen...

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