Aachener Zeitung
(Heike Nelsen-Minkenberg)
Comoedia Mundi erfreut mit „Bettleroper“
Ein Glück für die Kaiserstadt, denn noch hat das Ensemble seine Jubiläumsproduktion auf dem Spielplan. 

Aachen. Seit mehr als fünfundzwanzig Jahren tourt das Zelttheater «Comoedia Mundi» schon durch Deutschland. Nach einer mehrjährigen Pause hat es in diesem Sommer wieder den Weg nach Aachen gefunden.

Wer bei diesem Titel an Brechts berühmte «Dreigroschenoper» denkt, liegt richtig - zum Teil. Denn das Ensemble um Fabian Schwarz hat auf Brechts Vorlage, John Gays «Beggar´s Opera» von 1728 zurückgegriffen, die besten Szenen aus der Brecht-Bearbeitung mit der barocken Vorlage kombiniert, etliche moderne Zeitbezüge eingearbeitet - und unter der Regie von Herbert Fischer ein ganz eigenes Werk geschaffen, ganz im Sinne von Bertolt Brechts Frage «Was ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?».
Wer die «Dreigroschenoper» kennt, erkennt die Handlung wieder - wird aber doch an jeder Ecke überrascht. Zum Beispiel durch Macheath als schurkischer Besitzer einer Kette von Ein-Euro-Shops. In dieser Rolle brilliert Fabio Esposito. Der gebürtige Italiener mit seiner unglaublichen Mimik, seiner ausdrucksvollen Körpersprache geht in engen Dialog mit dem Publikum, vermag es, die Bühne durch eine einzige Geste zu füllen. Seinem Macheath glitzert der Wahnsinn in den Augen - und er präsentiert im Hin und Her zwischen seinen Geliebten Polly Peachum und Lucy, der Tochter des Polizeipräsidenten, komödiantische Sternstunden.
Eine würdige Mit- und im Sinne des Stücks Gegenspielerin steht ihm in Loes Snijders, die den «Herrn Peachum» gibt. Ihr großes schauspielerisches Talent kommt vor allem in diesem Part zum Zuge, doch sobald sie in das Gewand der Hure Jenny schlüpft und an das Mikrofon tritt, gewinnt man einen Eindruck von der Stimmgewaltigkeit der Niederländerin. Eine perfekte Weill-Interpretin, die am 30. August auch einen Chanson-Abend geben wird.
Natürlich spielt die Musik auch in der «Bettleroper» eine tragende Rolle. Genauso wie das Ensemble die Vorlage aus dem 18. Jahrhundert und das Brecht-Stück mit modernen Bezügen gemixt hat, vermengt es barocke Lieder, altbekannte Weill-Stücke und moderne Rhythmen - bis hin zum Gangster-Rap. Der Mann, der das alles begleiten und interpretieren darf, ist der Multi-Instrumentalist und Theatermusiker Robert Stephan. Er trifft immer den richtigen Ton. Sogar ein echtes Harmonium steht an seinem Platz.
Er beeindruckte am Sonntagabend in der Rolle des Filch, unglücklich verliebt in die Hure Suky Tawdry. Sie wurde von der Kroatin Tajana Prka verkörpert, die auch eine wandlungsfähige Polly Peachum gab. Unbekümmert, mädchenhaft - und im nächsten Augenblick hart wie Granit. Vor allem gegenüber Lucy (Katrin Filzen), ihrer Konkurrentin um die Gunst des Macheath.

Ein gelungener Theaterabend, der wieder einmal zeigt, dass Spaß, Unterhaltung und inhaltlicher Anspruch doch miteinander vereinbar sind.

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