MITTELBAYERISCHE ZEITUNG - 26.08.2020
(Marianne Sperl)
Gericht kippt Theater-Auflagen der Stadt
Comoedia Mundi klagte gegen übertriebene Verbote für Gastspiel am Grieser Spitz. Die Künstler bekamen größten Teils Recht

Regensburg. „Gewonnen!“ Fabian Schwarz vom Zelttheater Comoedia Mundi jubelt, der Grund: Das Bayerische Verwaltungsgericht folgt den Einwänden der Theatermacher. Die Stadt hat mit ihren Auflagen für das Gastspiel am Grieser Spitz den Bogenüberspannt, so der Tenor des Beschlusses, der am Dienstagmittag zugestellt wurde. Anwalt Professor Dr. Ernst Fricke spricht von einer veritablen „Watschn“.Die Regensburger Verwaltung hatte den Theatermachern, die bis 13.September am Grieser Spitz Theater, Chanson-Abende und Produktionen für Kinder zeigen, ein Bündel an Auflagen aufgegeben. Hintergrund sind Hygieneregeln zum Schutz vor Covid-19, aber auch der Dauerärger um Dauerlärm von Feiernden am Grieser Spitz. Comoedia Mundi reduzierte die Sitzplätze im Zelt, in dem sonst 150Menschen Platz haben, auf 26 Solo-Plätze. „Jeder Zuschauer hat zu jedem lebenden Wesen 1,50 Meter Abstand, Mücken und Schnaken ausgenommen“, versicherte Fabian Schwarz. Das Theater setzte außerdem alle möglichen Infektionsschutzmaßnahmen um, wollte aber vor allem in einem Punkt nicht nachgeben: Nach dem Willen der Verwaltung sollten Gäste nur maximal eine Stunde vor und eine Stunde nach der Vorstellung, bis maximal 23 Uhr, an den Tischchen im Freien ein Glas Wein oder eine Tasse Kaffee trinken dürfen. Die Theatermacher klagten - mit Erfolg.
Die Richter halten einen Teil der Auflagen der Stadt für rechtswidrig. Die eng begrenzten Bewirtungszeiten vor den Vorstellungen verletzten die Rechte von Comoedia Mundi, schreiben sie in der 14-seitigen Begründung. In der Praxis bedeutet der Beschluss: Die Theatermacher dürfen zwar nicht nach 23 Uhr ausschenken, aber sehr wohl bereits lange vor Vorstellungsbeginn. Laut Gericht haben sie einen Drei-Viertel-Sieg errungen. Die Stadt Regensburg kommentierte den erst kurz zuvor eingegangenen Gerichtsbeschluss am Dienstag nicht; sie will voraussichtlich am Mittwoch Stellung nehmen. Anwalt Fricke freut sich: Die Güterabwägung des Gerichts gebe die Argumente der Theatermacher „vollständig wieder“. Comoedia Mundi könne eben nicht als „Störer“ eingestuft werden, und das Risiko durch die Nichteinhaltung von Abstands- und Hygieneregelungen könne man nicht den Kulturveranstaltern zurechnen. Es fehle an der „konkreten Gefahr“, mit der die Stadt ihre Auflagen untermauern wollte. Im Klartext: Comoedia Mundi darf man nicht dafür büßen lassen, dass am Grieser Spitz  nächtlicher Partylärm die Anwohner nervt. Das wichtigste Argument ist nach Meinung des Landshuter Anwalts: Die Anordnung der Stadt ist unverhältnismäßig.


Für gesonderte Lärmschutz-Anordnungen gebe es keine Notwenigkeit, so das Gericht.

Außerdem habe die Verwaltung offenbar ihre Hausaufgaben nicht ordentlich gemacht. Im Bescheid des Gerichts steht jedenfalls: „Es fehlt bereits an einer ordnungsgemäßen Begründung gemäß § 80 III VwGO.“ Der Beschluss bedeutet noch keine abschließende Entscheidung in der Hauptsache. Aber die Richter kommen zu dem Schluss: Comoedia Mundi wird „voraussichtlich Erfolg“ haben, wenn es die eng begrenzten Bewirtungszeiten anfechtet. Fabian Schwarz ist froh, dass das Gericht so schnell entschieden hat. Die Klage reichte sein Anwalt erst am Freitag ein, und zwar auch deshalb, weil sich die Stadt sehr lange Zeit gelassen hatte mit ihrer Genehmigung. Das behördliche Okay, Ende November 2019 beantragt, erhielt der Impresario erst am 18. August, gespickt mit Auflagen, drei Tage vor der Premiere von „Frankenstein“. Da hatte das Theater sein Zelt am Grieser Spitz längstaufgebaut. Unbehaglich erinnert sich der Künstler an den Premierenabend. Eine Mitarbeiterin war ausgefallen, „Frankenstein“ begann mit zehn Minuten Verspätung. „Um Punkt 22 Uhr, die letzte Szene begann gerade, standen fünf Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsservice in martialischer Aufmachung im Zelt,“, so schildert es Schwarz, um das pünktliche Ende der Vorstellung anzumahnen. „Eigentlich fühlen wir uns sauwohl hier“, sagt er noch. „Die Regensburger sind ausgesprochen nett. Aber hier schießt man mit Kanonen auf Spatzen.“

 

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