Mittelbayerische Zeitung - 26.08.2011
(Ulrich Kleber)
Der Thespiskarren zieht sich nicht so leicht
Seit 1983 gibt es das Zelttheater Comoedia Mundi. Von mutigen Theatermachern und ihrem ständigen Kampf um ihr Projekt

Von Anbeginn ist Regensburg eine feste Station bei ihren Tourneen. Zunächst schlugen sie ihr Zelt auf der Jahninsel unter der Steinernen Brücke auf. Doch dann wurden die Theaterleute von Comoedia Mundi 1995 vom Hochwasser überrascht. Nichts mehr war mit der „Göttlichen Komödie“, die auf der Bühne gespielt werden sollte. Eilends mussten die Zirkuswagen in Sicherheit gebracht werden. „Ich erinnere mich noch gut daran, ich war damals schwanger“,
erzählt die Schauspielerin Loes Snijders von den aufregenden Tagen mit der Donau-Flut. Ihre Zwillinge, die in jenem Jahr geboren wurden, sind inzwischen Teenager. Sie sind jetzt mit dabei, genießen die Ferien, sonnen sich auf einer Decke neben dem Theaterzelt am Grieser Spitz.

Dort in Stadtamhof hat Comoedia Mundi einen neuen Standort gefunden. Ein bisschen abseits,  wie Fabian Schwarz bedauert. „Die Jahninsel war wunderbar, da hat man sich viel Geld gespart, was man an Werbung ausgeben muss.“

Der Thespiskarren, die klassische Wanderbühne, ist fast völlig verschwunden. Ein Unternehmen wie Comoedia Mundi ist inzwischen eine Rarität. Die Tourneetheater von heute funktionieren ganz anders. Sie vermeiden finanzielle Risiken, setzen vor allem auf seichtes Boulevardtheater und auf die Zugkraft von bekannten Fernseh-Stars. Bei Comoedia Mundi gibt  es dagegen keine Kompromisse. Das Programm ist ungewöhnlich, da werden Stücke wie „Der
Himmel ist grün“ oder „Dulcinea – Don Quijote ist tot“ gespielt. Nur selten taucht Bekanntes auf wie Molieres „Tartuffe“ oder John Gays „Bettleroper“.

Fabian Schwarz, dem leidenschaftlichen Theatermacher, geht es darum, „eigene Inhalte“ zu suchen. Typisch, wie die Idee zu dem Stück von Carl Amery gereift ist. „Das Theater wurde ja zunächst in Niederbayern gegründet, in der Nähe von Passau“, erzählt Schwarz. Und da habe seine Mutter einmal das Buch vom „Untergang der Stadt Passau“ vorbei gebracht. „Nach Tschernobyl und nach solch gruseligen Ereignissen wie in Fukushima“ sei die Geschichte heute
noch viel mehr nachvollziehbar als bei der Erstveröffentlichung des Romans 1975.

Wenn plötzlich alles anders ist…

„Was uns interessiert hat: Wie gehen die Menschen mit der Katastrophe um. Was ist, wenn plötzlich nichts mehr so ist, wie man es kennt?“ Im fränkischen Schloss Trautskirchen, seit  Jahren Winterquartier des Ensembles, wurde geprobt. Premiere war im April. Im Mai startete die Zelt-Tournee in Frankfurt. Nach Regensburg folgt noch Landshut als letzte Station in diesem Jahr.

Von der Stadt Landshut wurde sogar kurzfristig eine finanzielle Förderung zugesagt. In Regensburg ist das anders, da seien die Vorlaufzeiten in der Kulturverwaltung enorm lang.

„Wir zahlen dieses Jahr 1000 Euro für die Nutzung der Wiese“, erzählt Schwarz. Im vergangenen Jahr habe es noch einen Zuschuss von 750 Euro gegeben, so dass für die Wiese letztlich nur 250 Euro zu berappen waren. Die Klage des Theatermannes: „Von der Qualität unserer Aufführungen machen sich leider nur wenige Verwaltungsbeamte selbst ein Bild.“

Comoedia Mundi muss einen ständigen Kampf ums Überleben führen. Zwar bekommt das Theater inzwischen eine Förderung durch das bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung & Kunst, durch den Bezirk Mittelfranken und durch einige Gastspielstädte. Diese Zuschüsse decken aber nur 25 Prozent der Gesamtkosten. Das heißt, drei Viertel der Kosten müssen durch den Kartenverkauf bestritten werden. (Zum Vergleich: Bei den meisten Stadttheatern liegt der Zuschussbedarf bei rund 80 Prozent.)

„Wir schieben einen Berg von Schulden vor uns her“, bekennt Schwarz. „Ohne   zum Beispiel meine Mutter oder Freunde, würde es dieses Theater nicht mehr geben, weil die immer wieder mit großzügigen Krediten die Finanzierung ermöglicht haben.“

Wahnsinnig viele Ideen im Kopf:

Seine Frau, die aus Holland stammende Schauspielerin Loes Snijders, kam 1990 zu Comoedia Mundi. Mit ihrer darstellerischen Präsenz prägt sie das Theater. Große Pläne hat sie, will 2012 wieder ein eigenes Kinderstück auf die Bühne bringen. Und an einem Musikprogramm mit eigenen Kompositionen arbeitet sie ebenfalls. Snijders hat eine klassische Gesangsausbildung gemacht und u.a. mit einem Kurt-Weill-Programm Anerkennung gefunden. „Ich habe wahnsinnig
viele Ideen im Kopf“, erzählt sie, dann schwingt doch Sorge mit: „Man wird ein bisschen älter. Nun muss ich schauen, welche Sachen auch finanziell etwas bringen.“

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