Aachener Nachrichten - 23.08.2004
(Grit Schorn)
Literatur nur für Erwachsene
Im Caféwagen wurde den Zuhörern mit erotischen Texten kräftig eingeheizt!

Aachen. Draußen waren es herbstliche zehn Grad Celsius, doch im gemütlichen Cafewagen des Zelttheaters "Comoedia Mundi" wurde dem Publikum kräftig eingeheizt. 
Saturday Night Fever einmal ganz anders: Fiebrige, oft auch drastische sexuelle Ergüsse aus der Weltliteratur sorgten für viel Amüsement und steigende Temperaturen. Frisch, frivol und tabufrei präsentierte das Duo F. Sullivan und M. Smith alias Fabian Schwarz und Moise Schmidt heiße und heikle Gefahrenzonen der Sexualität. 
In diesem anregenden Nachtprogramm, das sich wirklich nur an Erwachsene wendet, konnten die beiden Künstler wahrlich aus dem Vollen schöpfen. 
Nach Ovids "männlicher Glut" glitt der "Literaturständer" zu einer anonymen erotischen Moritat, die einer Zuhörerin das Urteil "sehr süß" entlockte. Viel aufregender aber waren die pubertären Nöte des amerikanischen Autors Philip Roth in "Portnoys Beschwerden". Zart und eher spröde dagegen die ersten Tastversuche in "Helden wie wir" von Thomas Brussig; als Kontrast dazu der saftige und doch kunstvolle Nacht- Text aus Hubert Selbys Roman "Letzte Ausfahrt Brooklyn". Immer wieder wunderschön: Salomos "Hohes Lied" der Liebe, raffiniert "gegengelesen" mit einem düsteren Kopulationstext von Sybille Berg. Unüberbietbar die beiden lesenden Verbalerotiker, wenn ihre orgiastischen Vorträge sich miteinander verschränken und überlappen. 
Einer der vielen Höhepunkte: ein Auszug aus einer Groteske von Daniil Charms, dem russischen Dichter, der in Stalins Foltergefängnissen verhungerte. Die dunkle Seite der Sexualität wurde ebenso geboten wie urkomische Aspekte des Geschlechtslebens. Noch zweimal kann man(n) und frau - ab 18 Jahren - die pornografischen Nachtgedanken unter dem Titel "Literaturständer" im Westpark genießen.

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