Pegnitz Zeitung - 01.05.2002
(Silvia Seidl)
Altes Märchen in ganz neuem Gewand
Lauf: Theater "Comoedia Mundi" bot stimmige Mischung aus Märchen, Theater, Kabarett und Satire

In der 270. der berühmten 1001 Nächte erzählte Scheherazade dem Sultan von Samarkand die Geschichte von "Ali Baba und den 40 Räubern" und zog den Herrscher dadurch so sehr in ihren Bann, dass dieser von seinem Vorhaben, sie zu töten, abließ. Bei den Jubiläumsfeierlichkeiten zum zehnjährigen Bestehen des Laufer Märchenzentrums "DornRosen" war es das bekannte Tourneetheater Comoedia Mundi, das eben jenes Märchen im Theaterzelt auf der Heldenwiese lebendig werden ließ.

Wenn sich aus der Schlichtheit heraus etwas Großartiges entwickelt, so haftet dem stets etwas Märchenhaftes an. Wenn vier Akteure im Sackgewand, die jeglicher Requisite entbehren, aus einem bescheidenen Zirkuszelt und einer kargen Bretterbühne ohne Kulisse plötzlich die prunkvolle Welt des Orients vor dem geistigen Auge des Zuschauers entstehen lassen, so ist das ein Märchen. Das Märchen von" Ali Baba und den 40 Räubern", gespielt, gesungen, getanzt und erzählt von einer märchenhaften Truppe: dem Theater der Comoedia Mundi. Wer kennt sie nicht, die Geschichte von Neid, Liebe und Intrige, Mord und Verrat, List und Täuschung, in der der arme Waldarbeiter Ali Baba durch Zufall bei seiner Arbeit im Gebirge eine Räuberhöhle entdeckt, die sich nur durch die Formel "Sesam, öffne dich" betreten und verlassen lässt, und in der unermessliche Schätze verborgen liegen. Sein Bruder, der reiche Kaufmann Kasim, und dessen raffsüchtige Ehefrau kommen hinter das Geheimnis und so nimmt das Geschehen seinen tragischen Verlauf. 

Wer jedoch erwartet hatte, im Theaterzelt auf der Heldenwiese eine aufgewärmte Version des alten Märchenklassikers aus Kindertagen vorgesetzt zu bekommen, der sah sich gründlich getäuscht. Denn die beiden Schauspieler, Moise Schmidt und Loes Snijders, sowie Uli Winter und Alfons Wild, die für die musikalische Untermalung zuständig waren, zogen wirklich alle Register. 

Sie bilden ein eingespieltes, kongeniales Team, wie man es selten findet. Die Musiker spinnen mit Gitarre, Piano, Percussion und Melodika einen (fliegenden) Klangteppich, auf den man sich am liebsten setzen und abheben möchte. Die Schauspieler greifen diese akustisch erzeugten Stimmungen perfekt auf und erfüllen sie mit Leben. Mal erzählen sie einzeln, dann spielen sie sich die verbalen Bälle nur so zu, mal berichtet einer und der andere stellt dar, dann schauspielern sie gemeinsam, mal singen sie, dann tanzen sie über die Bühne und manchmal lassen sie sekundenlang nur ihre Mimik sprechen. Mit winzigsten Utensilien gelingt es den beiden, 40 Räuber, zwei ungleiche Brüder, deren Ehefrauen, einen bestechlichen Schneider, einen kauzigen Apotheker und eine schlaue Sklavin zu, verkörpern. Garniert mit einigen Gags und ironischen Anspielungen auf das 2 1. Jahrhundert ("Samsonite, öffne Dich" oder ein Räuberhauptmann, dessen Lieblingsspruch "Hey cool Mann" ist), führt diese trotz der Genre-Gegensätze wunderbar stimmige Mischung aus Theater, Erzählung, Kabarett, Satire und Musical dazu, dass man als Zuschauer hin- und hergerissen ist, zwischen Lachsalven und Gänsehaut, zwischen Staunen und Träumen, zwischen Eintauchen-Wollen in diese fremde, fantastische Welt und dem Erschrecken ob ihrer Grausamkeiten. Da stört es auch nicht weiter, dass das Stück manchmal etwas weit vom Haupterzählstrang abschweift und die eine oder andere Länge hat. 

Nach rund zwei Stunden und einem Applaus, der auch bei ausverkauftem Zelt nicht hätte euphorischer ausfallen können, wollte jedenfalls keiner der leider viel zu spärlich erschienenen Märchenfans so recht hinaus in Sturm und Regen. 

Wer sich ebenfalls von der Comoedia Mundi verzaubern lassen möchte, hat dazu noch heute um 15 Uhr und 20 Uhr Gelegenheit.

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