Stadtanzeiger Nürnberg - Mittwoch, 14.05.2003
(Susanne Ziegler)
Spielfreudig zwischen den Polen
Comoedia Mundi gastiert mit dem Stück "Die Kluge" auf der Wöhrder Wiese

Ein illustres Bild bietet sich derzeit dem Spaziergänger, der den Abend auf der Wöhrder Wiese ausklingen lässt: Im Zentrum das hell erleuchtete Theaterzelt, Besucher, die sich an Espresso und Wein in einem alten Eisenbahnwaggon laben, spielende Kinder - kurzum: das Ensemble der Comoedia Mundi macht wieder Station in Nürnberg. Im Gepäck hat die umtriebige Theatergruppe ein neues Stück. "Die Kluge" lautet die archetypische Parabel um Liebe, Lust und Macht, die vom Publikum enthusiastisch gefeiert wurde.

Was war in den zwei Stunden Spielzeit geschehen? In der Hoffnung auf ein besseres Leben erbittet der arme Bauer vom König ein Stück Land. Das Glück scheint vollkommen, als er darauf einen goldenen Mörser findet und ihn, als getreuer Untertan, dem König als Geschenk macht. Dieser jedoch zeigt sich ungnädig, schließlich gehören "Stößel und Mörser zusammen". Der verwirrte Bauer, der Unterschlagung beschuldigt, wandert ins dunkle Gefängnis des Hofes. Rettung verspricht dessen begabte Tochter, so sie die tückischen Rätsel des Königs zu lösen vermag: "Was ist das Reichste der Welt?"

Zum Erstaunen aller lässt das einfache Mädchen ausrichten: "Die Erde, denn sie ernährt uns alle." So sehr der König auch um knifflige Fragen ringt, die Bauerstochter weiß sie stets zu beantworten und findet sich bald als potenzielle Königin wieder. Trotz ihrer Gegensätze ziehen sich die Beiden an und finden zueinander. Doch das Schwerste liegt noch vor ihnen, der Alltag, in denen der König seinen Staatsgeschäften nachgeht und kaum mehr Zeit für seine Angebetete aufbringt. Nur eine List der klugen Bauersfrau kann nun noch helfen, um die Lebenswege wieder zu vereinen.

Schauspieler Moise Schmidt und Allroundgenie Loes Snijders verkörpern in Personalunion arbeitende Bauern, Boten, Tochter und König, tauschen ihre Rollen, singen und tanzen. Ihre Spielfreude trägt die Tiefe, die Weisheit der Geschichte der klugen Bauersfrau, die in unzähligen Kulturen und unterschiedlichem Kleid erzählt wird. Herr- und Knechtschaft, Mann und Frau, Anziehung und Abstoßung sind die Pole, die Snijders und Schmidt untersuchen, vertauschen und in Frage stellen. Zur Seite haben die beiden Alfons Wild und István Galus an diversen Instrumenten, von der Gitarre bis hin zum Monocord, Cello oder Percussion.

Der ansteckende Rhythmus begleitet die schauspielerische Umsetzung und definiert sie gleichzeitig. In der dreimonatigen Probenzeit wurde zunächst an der Musik gefeilt, erst später fügten sie Texte hinzu, erzählt Fabian Schwarz von Comoedia Mundi. So entstand ein gefühlsvolles und spannendes Gesamtkunstwerk aus Musik und Text - absolut sehenswert!

(Susanne Ziegler, Stadtanzeiger Nürnberg, 14.05.2003)

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