Erlanger Nachrichten - 25.9.2010
M. Koch
Berührendes Traumspiel
Theater im Zelt: „Comoedia Mundi" zeigt „Dulcinea"

Windmühlen. Natürlich Windmühlen. Was die Wirtin Aldonza da ihrem Gast in der Schenke vorführt, ist die pure poetische Visualisierung dessen, was ihr (echter oder geträumter?) Lover Don Quijote ebenfalls nur imaginiert hat - Riesen statt Windmühlen, ganz einfach der Sieg der Fantasie. Das Zelttheater „Comoedia Mundi“, das derzeit an der Bleiche gastiert, präsentiert das Stück „Dulcinea“ von Ferruccio Cainero (auch Regie).
Intimistisch wird in diesem Quasi Cervantes zu Werke gegangen, es ist allenfalls eine Paraphrase, eine Fußnote zu einem der ersten Werke der Gattung Roman. Doch die Atmosphäre ist so pur, so intensiv, dass hier tatsächlich der Geist Cervantes' durch das Theaterrund weht.
Loes Snijders gibt die Wirtin als durchaus taffe, aber dennoch romantische Frau, die dem neugierig-staunenden Gast (Fabian Schwarz) mittels weniger Requisiten und schauspielerischer Verve ein berührendes Traumspiel bietet, das ganz in Don Quijotes Sinne ist - mal zart, mal verwegen, mal leise, mal losgelöst.
Der Ritter von der traurigen Gestalt ist eine Putzlappen-Puppe, sein Knappe Sancho Pansa ein Bierkrug mit Apfel drauf - mehr braucht es nicht, um eine verträumte Revue von Original-Zitaten, Schauspiel und szenischer Auflösung in Gang zu bringen, alles verschränkt sich hier problemlos in- und miteinander.
Loes Snijders ist dabei alles - die Wirtin, Don Quijotes Geliebte Dulcinea, Sancho Pansa (in einer wunderbaren Sequenz) -, und sie lässt dabei immer wieder durchscheinen, dass in diesem Wirtinnen-Leib ein sehnsuchtsvolles Herz schlägt.
Musiker Robert Stephan schlägt mittels Saxofon, Akkordeon, Percussion und singender Säge genau die klug kommentierenden Töne an, die tiefer blicken lassen als bloß dekorative Klänge. Schlussendlich ist der Gast weg, und Aldonza bleibt allein zurück - mit ihren Gedanken und ihrer Sehnsucht, die aber (Windmühlen-) Flügel bekommen.   Gelebte Poesie!    

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