LANDSHUTER ZEITUNG - 04.10. 2021
(Rita Neumaier)
Sorbas' Schule des Lebens
Die "Comoedia Mundi" bereitet einen heiter-melancholischen Theaterabend

ERLANGEN - Alexis Sorbas - na klar, das ist doch dieser griechische Hau­drauf, trinkfest und rauflustig, der keinen Rock auslässt und ständig Sir­taki tanzt. Ein Typ, gegen den alle ver­blassen. Jedes Theaterensemble, das sich an diesen Stoff (nach dem Roman von Nikos Kazantzakis) wagt, muss gegen die Übermacht des gleichnamigen Films und gegen Anthony Quinn antreten, der seine Rolle des Großen Zampano aus „La Strada" noch übertrifft. Wie soll man aus diesem Schatten heraustreten und etwas Eigenständi­ges kreieren? Das Comoedia Mundi ­Ensemble versucht es im Theaterzelt an der Bleiche mittels Reduktion und Minimalismus. Nur zwei Darsteller teilen sich die vier Rollen. Und weil kein Mann dem Quinn-Sorbas das Wasser reichen kann, übernimmt den Part eben eine Frau: Loes Snij­ders (auch Regie) gibt mit Schieber­mütze und tiefkehliger Ansprache den mit allen Wassern gewaschenen Hallodri, wogegen Fabian Schwarz (auch Bearbeitung und Bühne) den zögerlichen Geistesmenschen und Möchtegern-Unternehmer Basil ebenfalls sehr überzeugend darstellt.

In diesen beiden Figuren entzün­det sich der Hauptkonflikt zwischen Aktion und Planung, zwischen Theo­rie und Tat. Während Basil von einer besseren Welt träumt und dafür eini­ges in die Wege leitet, lebt Alexis Sor­bas nur im Hier und Heute. Wenn ihm zum Feiern zumute ist, dann ver­schwendet er die Mittel, die für das bessere Morgen gedacht sind, für die flüchtigen Freuden des Heute. So gesehen, ist „Alexis Sorbas", der ja stets als Lebenskunst-Roman und -Film gehandelt wird, auch eine Anti­-Utopie.

Es bleiben noch zwei tragische Nebenfiguren: die geheimnisvolle Witwe in Schwarz, die alle Männer verrückt macht, sowie Madame Hor­tense, eine französische Prostituier­te, deren bessere Tage weit zurücklie­gen. Diese Rolle teilen sich Snijders und Schwarz. Was in der tuntigen Aufmachung erst zum Lachen reizt, erweist sich im Fortgang der Handlung als höchst tragisches Element. Hortense stirbt in der Illusion, in Ale­xis endlich den Mann fürs Leben gefunden zu haben.

Der personale Minimalismus fin­det auch in der Inszenierung seine Entsprechung. Kulissen gibt es fast gar nicht, Geräusche wie Regen-Prasseln, Meeresrauschen, Feuerknistern und Hintergrundmurmeln kommen vom Band und setzen das Vorstel­lungsvermögen des Publikums in Gang. Ein Prinzip, das sich auch beim Einsturz der Seilbahn bewährt und seinen akustischen Höhepunkt fin­det.

Viel Beifall für wenig Aufwand - so geht es also auch.

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