Nürnberger Nachrichten - 13.05.2013
(Claudia Schuller)
Vom jungen Schelm zum entschlossenen Kämpfer
Das Ensemble der COMOEDIA MUNDI zeigt im Zelt auf der Wöhrder Wiese seine Inszenierung des „Ulenspiegel“

(NÜRNBERG) Er ist kein harmloser Possenreißer, der Streiche ausheckt wie die Eulen und Meerkatzen aus Brotteig, nein, der „Ulenspiegel", den die COMOEDIA MUNDI im Theaterzelt auf der Wöhrder Wiese zeigt, schlägt härtere Töne an.

Maximilian Berger in der Rolle des Till Ulenspiegel ist natürlich, witzig, aber zugleich auch erotisch, kämpferisch, widerständig, verzweifelt. Er ist ein Pluspunkt für die Armen, weil er trotz allem Elend nie aufgibt.
Das fünfköpfige Ensemble entführt nach dem Roman von Charles de Coster in das Flandern des 16. Jahrhunderts. Hier, in diesem historischen Kontext, kämpft Till mit Hand, Hirn und Herz gegen die spanische Krone, die die Niederlande zum katholischen Glauben zwingt. Es herrschen Inquisition, Folter und Dummheit. Till aber sucht die Freiheit. Respektlos tritt er gegen irdische und himmlische Obrigkeiten an. Dafür wird er mit Gefängnis bestraft und muss nach Rom pilgern. Doch er wendet sich an den Papst und erhält die Absolution.
Es ist ein bisschen wie in Monty Pythons „Leben des Brian", wo auch munter gegen die Römer Widerstand geleistet wird. Hinter Tills sonnigem Gemüt scheint der Gassenhauer „Al¬ways look on the bright side of life“  zu klingen. Doch diese Inszenierung birgt noch mehr. In einer Folterszene soll eine Frau gestehen, dass sie eine Hexe ist. Tills Eltern werden denunziert und ermordet. So wird er vom fröhlichen Kind, vom unbeschwerten Schelm zum entschlossenen Kämpfer. Regisseur Herbert Fischer gewährt Einblicke in seine Entwicklung, die mit Traumsequenzen, Trommeln und Geistern auf die Bühne gebracht werden.

Das durchweg starke Ensemble stemmt mehrere Rollen pro Person und lässt die mittelalterliche Welt voller Aberglauben spürbar werden. Facettenreich gibt Loes Snijders Tills Mutter, eine kokette römische Wirtin sowie einen gemeinen Fischhändler. Merle Lisek ist als Tills Freundin Nele sanft, voller Liebe und doch stark. Fabian Schwarz legt Tills Vater einfühlsam als armen Mann des Volkes an. Hinzu kommt Robert Stephan vielseitig als König, Folterknecht und Henker.

Ein taumelnder Szenen-Reigen quer durch Europa nimmt seinen Lauf, in schnellen Sequenzen wie ein Video-Clip. Am Ende sind Till und Nele fast nackt, nur mit Leuchtfarben am Körper. Sie erkennen: Die sieben Todsünden müssen beseitigt werden. Ein packendes Bild wie ein Neuanfang, ein Beginn besserer Zeiten.   


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