„Nichts wie hin!“, „Ein mitreißendes Spielquartett“ oder „Ein ganz spezieller mitreißender Theaterabend“: So loben die Kulturkritiker über Bayern hinaus die
Inszenierungen der „Comoedia Mundi“. Das liegt am Konzept dieses Tourneetheaters. Hier wird nicht nur miteinander gespielt, sondern auch gelebt. Zusammen werden Stücke nach literarischen Vorlagen entwickelt und inszeniert. Es geht um die großen Fragen des Lebens, um was das Menschsein ausmacht.
Vor 36 Jahren gründete Fabian Schwarz mit Münchner Freunden die Comoedia Mundi mit der Vision, frei und unabhängig arbeiten und leben zu können. Mit Dantes „Göttlicher Komödie“ sorgte er auf seiner ersten Tournee 1983 auf der Ringelstecherwiese in Landshut für begeisterten Applaus. Inzwischen sind das blaue Theaterzelt und die blauen Wagen ein Markenzeichen. Sie geben Standard, das besondere Flair, als sei die Zeit stehengeblieben. Man spürt im Umfeld der Comoedia Mundi eine wohltuende Ruhe, wie sie Städten längst verloren gegangen ist.
„Schön, dass es sie noch gibt“, staunt eine Landshuterin, als sie Fabian Schwarz vor dem Caféwagen sieht. Das sind Momente, in denen Fabian Schwarz glücklich ist. Oder wenn er Zeit findet zu lesen. Der Alltag ist mühsam, das Überleben sehr schwer.
Ca. 150 000 Euro kostet eine Theatertournee. Ohne Unterstützung des bayerischen Staates, der Kommunen, privater Sponsoren und Helfer hätten Fabian Schwarz und seine Frau Loes Snijders längst aufgeben müssen. Das neue Zeltdach ist stabil, aber die Stürme werden auch heftiger, die heißen Sommer sind sehr anstrengend. „Manchmal kann ich kaum das Kostüm wechseln, weil es so am Körper klebt“. Loes Snijders lächelt trotzdem. Viel schlimmer ist es, wenn ein Standort wie in diesem Jahr in Regensburg plötzlich nicht mehr genehmigt wird. Der Antrag war um zwölf Tage zu spät eingegangen, ein formaler Fehler, der passieren kann. Der Fall wurde trotzdem nochmals geprüft, wegen der Parallelveranstaltung des „Bunten Wochenendes“ und möglicher Konkurrenz nicht genehmigt. „Das war eine Katastrophe für uns! Es fehlen dadurch 30.000 Euro.“ Fabian Schwarz kann die Argumentationen nicht nachvollziehen, denn in Frankfurt ist die Comoedia Mundi parallel zur Großveranstaltung zum „Ironman“ mit 500000 Besuchern überhaupt kein Problem. Dann wird an diesem Tag eben nicht gespielt. Ansonsten genießen die Frankfurter das Ambiente der Comoedia Mundi und des Caféwagens.
„Wir wirken immer deeskalierend, weil wir hier leben und Leute motivieren, nachts nicht laut zu sein und den verursachten Müll wegzuräumen.“ Fabian Schwarz sind gute Kontakte zur Nachbarschaft sehr wichtig. In Regensburg ließ ein Anlieger sogar eine 80-Ampere-Stromleitung legen und sponserte so den Strom für die Comoedia Mundi.
Vom Frühling bis zum Herbst tourt das kleine Ensemble quer durch Bayern und hofft dabei, jedes zweite Jahr wieder an den gewohnten Standorten gastieren zu können. In dieser langen Zeit wurde das Programm umfangreicher. Inzwischen geht man mit bis zu fünf Theaterproduktionen auf Reisen, Kindertheater, Musikabende und seit diesem Jahr zusätzlich mit einer Tanzperformance, die sich während der Tournee herauskristallisiert hatte.
Das Ensemble mit wechselnden Mitgliedern ist international, kommt aus den Niederlanden, Frankreich, Schweiz, Österreich und Deutschland. Alle haben eine professionelle Ausbildung, Berufserfahrung und sind oft musikalisch sehr begabt. Die beiden Töchter, die 24-jährigen Zwillinge Sarah und Camille, studieren und machen im Theater mit, soweit sie Zeit haben.
Die Zuschauer sitzen zwar auf einfachen Bänken, aber bei kühler Witterung wird das Zelt gemütlich beheizt und man wartet gespannt, welche intellektuellen und dramaturgischen Überraschungen die Comoedia Mundi mitbringt. Im Mittelpunkt der diesjährigen Tournee steht „Frankenstein“ in einer überaus innovativen Interpretation. Das Monster des missratenen Experiments wird zum Zerrspiegel der Gesellschaft und die Autorin Mary Shelley, die in dieser Inszenierung immer
wieder persönlich auftaucht, präsentiert einen ganz neuen Schluss mit witzig parodistischem Happy End.
Zum Abschluss der Tournee gibt es im Dezember in Ansbach jedes Jahr den literarischen Adventskalender im Caféwagen.
Rückblick:
1983 gründete Fabian Schwarz mit Münchner Freunden die Comoedia Mundi. Wegen seiner Kulturfülle orientierte er sich zunächst nach Niederbayern, dann in Richtung Nürnberg. Durch private Kontakte fand Schwarz im Mittelfränkischem Trautskirchen ein langfristiges Winterquatier für den Wagenpark, das Zelt und Arbeitsräume. Trotz der Problematik der jährlichen Finanzierung konnten er, seine Frau Loes Snijders und das wechselnde Team die Comoedia Mundi über drei Jahrzehnte erhalten.
Förderung:
Als einzigartiges Tourneetheater wird die Comoedia Mundi vom Bayerischen Staat, von Kommunen und privaten Sponsoren unterstützt. Ganz wichtig ist jedes Jahr die Standortsicherung. Mitten in der Stadt, wie derzeit auf der Landshuter Mühleninsel, entwickelt die Comoedia Mundi ein nostalgisches Flair. Weil die Schauspieler vor Ort leben, achten sie auf ein ruhiges und sauberes Umfeld - ein Gewinn für jede Stadt. In Frankfurt ist die Comoedia Mundi ein Erfolgsmodell, in Regensburg wurde sie dieses Jahr nicht erlaubt.