Landshuter Zeitung - 20.09.2004
(Hannelore Meier-Steuhl)
Theaterzauber im Zelt
Comoedia Mundi gastiert in Landshut: "Die Kluge" setzt allabendlich einen König schachmatt

Märchenzeit auf der Ringelstecher- wiese. Die Wandertheatertruppe Comoedia Mundi hat nach mehrjähriger Pause ihr kleines Rundzelt wieder einmal am Landshuter Isarufer aufgeschlagen, wo sie am Premierenabend auch gleich von den alten und etlichen neuen Freunden enthusiastisch begrüßt wurde. Bis zum 3. Oktober steht hier "Die Kluge" auf dem Programm, "eine archetypische Parabel um Liebe, Lust und Macht" - , so die Ankündigung. Dahinter verbirgt sich ein Abend voller Poesie und Musik, ein modernes Märchen mit überraschenden Wendungen und einem etwas skeptischen Happy End. 
In Ulrike Möckels Inszenierung herrscht der König in seinem Reich über die Menschen wie, über Schachfiguren: Er stellt den Bauern, dahin wo er ihm nützt, schickt den Läufer als Boten aus und scheitert schließlich an einer sehr selbstbewussten Dame, die sich nicht in sein technokratisches Spiel einfügen will und die selbstgefälligen Rätsel, mit denen er seine Überlegenheit demonstrieren möchte, als Kinderkram entlarvt. All diese Charaktere sind gleichzeitig Figuren aus dem Märchen der Brüder Grimm, das die Geschichte von der klugen Bauerntochter erzählt, die sich den mächtigen König mit List und Liebe untertan macht. 
Und auf der Bühne des kleinen Zelttheaters tut sich dazu noch eine dritte, sehr zeitnahe Spielebene auf, welche den Blick auf die reale Welt eines coolen Werbetexters namens König und seine ungeschickte Annäherung an das unbegreiflich Weibliche lenkt. 
Dieses königliche Spiel bestreiten in fliegendem Rollenwechsel der wandlungsfähige Moise Schmidt als Bauer, Läufer und Landesherr sowie die grandiose Loes Snijders, eine charismatische Schauspielerin und Sängerin, deren volle, tiefdunkel timbrierte Stimme in den hinreißend vorgetragenen Chansons für das kleine Zelt mitunter zu groß zu werden scheint. Unnachahmlich, ihre lakonische Mimik, ihre weich fließende Körpersprache, und nicht zuletzt das kraftstrotzende Posaunen-Solo, mit dem die Kluge ihrem König den Marsch bläst. 
Mit elementaren Theatermitteln werden auf der schlichten Bretterbühne Bilder und Atmosphäre hergestellt: zwei weiße, am Bühnenhimmel befestigte Schleier und wechselndes Scheinwerferlicht genügen, um die Schauplätze anzudeuten; ein mobiles Podest dient als Thron, Ehegemach und Gefängnis, kann aber auch schweben, wenn es zur Gondel mutiert. Im Hintergrund geben auf ihren allgegenwärtigen Instrumenten die beiden Musiker Alfons Wild und Istvan Galus den Ton an: mit Geige und Cello, Mandoline, Gitarre und Klavier, Monocord und Schlagzeug begleiten sie das in epischer Breite erzählte, mit Tanzeinlagen verwobene Geschehen, liefern die Untermalung zu den unausgesprochenen Gefühlen, mit denen die Bauerstochter und. der König ihre Positionen abstecken, bis schließlich die Klugheit über die Arroganz der Macht triumphieren darf.

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