FRÄNKISCHE LANDESZEITUNG - 27.04. 2015
(Elke Walter)
Klassischer Tragödienstoff mit humoristischer Note
Das Zelttheater Comoedia Mundi brachte Shakespeares „Hamlet“ auf die Bühne – Premiere in Trautskirchen

TRAUTSKIRCHEN – Der König ist tot, es lebe der neue König. Gar nicht so einfach, wenn der Tote aber der Vater, der Neue dessen Bruder und auch neuer Ehemann der Mutter ist:
Prinz Hamlet hat ein echtes Problem. Das Zelttheater Comoedia Mundi setzt den Tragödien-Klassiker von William Shakespeare, nach einer modernen Bühnenfassung von Peter Kaempfe, auf ganz besondere Weise um. Premiere hatte das Theaterstück am Samstag in Trautskirchen, dem Winterquartier von Comoedia Mundi.

Das neue Königspaar wird gleich erscheinen. Haushofmeisterin La Chevallier hatte alle Hände voll zu
tun: Fähnchen an das Publikums-Volk austeilen und das Begrüßungsprotokoll besprechen. So schnell waren die Zuschauer mittendrin. Diese Shakespeare-Adaption lebt auch von der Nähe zu den Besuchern.
In stark komprimierter Form brachte das Wandertheater das Drama um den Prinzen Hamlet auf die Bühne:
Die Verachtung gegenüber seiner Mutter, die vom  Geist des toten Vaters geforderte Rache und die eigene Verzweiflung über den Brudermord am Vater reißen Dänemark und das gesamte Königshaus in den Abgrund. Mit neutralem Stoff bezogene Kulissenwände geben den Spielrahmen. Moderne
visuelle Techniken und kleine Filmsequenzen machten daraus, ohne großen Umbau, eine Vielzahl an Bühnenbildern möglich: das Schloss, den Garten oder auch imaginäre Spielorte. Musik- und Klangimpressionen, aus der Feder von Loes Snijders und Robert Stephan, verstärkten die Wirkung
der Bilder.

Das Ensemblequartett stemmte mit großer Leidenschaft und spielerischer Raffinesse den Tragödienstoff
auf die Zeltbühne. Mehrfachbesetzungen zeigten das vielseitige Können der einzelnen Akteure. Hofmarschall Polonius, Haushofmeisterin, Güldenstern oder Königin von Dänemark: Loes Snijders schlüpfte schnell in die unterschiedlichen Charaktere.

Fabian Schwarz, einerseits neuer dänischer König, aber auch Hausmeister am Hof. Olsen, ein Typ, der an den legendären Hausmeister Krause erinnert: Käppi, blauer Arbeitsmantel, Schrubber. Eine Paraderolle für Schwarz: Humorvoll kabarettistisch angelegt, kommentiert er die Ereignisse im Hintergrund, zum Beispiel den finalen Tod der zentralen Figuren und fegt dabei den Hof. Maximilian Berger zeichnete den Prinzen Hamlet als verzweifelten, jugendlich trotzigen Heißsporn, der die geforderte Rache um jeden Preis ausführen möchte: leidenschaftlich, mit enormer Bühnenpräsenz.

Slapstick prägte auch die Rollen des Duos, das Hamlet im Auftrag des Königs beobachten soll: Güldenstern und Rosenkrantz. Letzteren spielte Merle Lisek. Auch sie zeigte sich sehr wandlungsfähig, neben anderen auch als Horatio, Hamlets Freund. Als Norwegens Prinz Fortinbras kommentierte sie am Ende den Untergang des Kontrahenten Dänemark.

Pralles, intensiv präsentiertes Theater: klassischer Tragödienstoff in moderner Verpackung mit humoristischer Note im Sinne Shakespeares.
Ein Sommerhit.

MITTELBAYERISCHE ZEITUNG - 11. Mai 2015
(Stephan Grotz)
HAMLET im Zelt:
Bestechend kurzweilig

Am Freitagabend konnte man am Grieser Spitz eine Theater-Premiere der besonderen Art erleben. Dort spielt das Ensemble Comoedia Mundi die nächsten zwei Wochen ein einziges Stück: William Shakespeares „Hamlet“.

Doch nicht nur Shakespeares Bühnenklassiker haben die vier Schauspieler von Comoedia Mundi in die Domstadt mitgebracht, sondern auch ihr ganzes Equipment: Bühne, beheizbares Zelt, Ton- und Lichttechnik sowie einen Caféwagen. So viel Mobilität verlangt ein sehr gutes Gespür dafür, was wesentlich ist und was wegbleiben kann. Das kommt auch der Inszenierung zugute.

Radikal reduziert aufs Wesentliche „Hamlet“ ist nämlich Shakespeares längstes Stück mit gut zwei Dutzend Rollen – für vier Schauspieler eine echte Herausforderung. Die logische Konsequenz:

Das geht nur mit Mehrfachbesetzungen und mit einer Bearbeitung der Stückvorlage, die Eingriffe nicht scheut. So muss etwa Ophelia, die mit Hamlet eine unglückliche Liebe verbindet, nicht nur in Shakespeares Stück dran glauben, sondern sie fiel der Regensburger Inszenierung gleich ganz zum Opfer.

Trotzdem gelingt den beiden Schauspielerinnen Loes Snijders und Merle Lisek sowie ihren zwei männlichen Kollegen Maximilian Berger und Fabian Schwarz ein Kunststück. Sie präsentieren nicht nur die Haupt- und Staatsaktion so gut wie komplett: den Meuchelmord an Hamlets Vater, Hamlets Racheversprechen und die daraus resultierenden Verwicklungen, die zur Auslöschung zweier Familien führen. Den vier Akteuren bleibt auch noch Luft für das niedere Personal, das bei Shakespeare so wichtig ist, weil es oft den pragmatischen Gegenpol zum tragischen Ernst verkörpert.

Hier kommt dann auch die burleske Komik nicht zu kurz. So sieht etwa der Zuschauer den tödlichen Degenkampf von Hamlet und Laertes nicht mit eigenen Augen, sondern Fabian Schwarz erzählt als Hausmeister mit Hilfe seines Schrubbers den ganzen blutrünstigen Vorfall: „Mensch, des macht mer doch ned. Des warn doch gebildete Leut!“

Loes Snijders und Merle Lisek brillieren in Hosenrollen: Als das zwillingsgleiche Paar Rosenkrantz und Güldenstern übernehmen sie Spitzeldienste und agieren mit Trenchcoat und Melone so tollpatschig, als wären sie in Gestalt der legendären Detektiv-Trottel Schultze und Schulze aus Hergés Comic-Klassiker „Tim und Struppi“ gefallen.

Maximilian Berger meistert den abgründigen Part als Prinz von Dänemark, Hamlets Spiel im Spiel, sehr überzeugend: Hamlet mimt den Verrückten und entlarvt damit seinen Stiefvater Claudius (ebenfalls Fabian Schwarz) als den Mörder seines Vaters.

Die Zuschauer sitzen im Halbrund auf Holzbänken, fast auf Tuchfühlung mit den Schauspielern, vor einer schlichten Bühne mit Stoffbahnen, die als Projektionsfläche für filmische Einlagen dienen. Das alles vermittelt einen sympathisch bodenständigen Charme, der nicht mit der perfektionistischen Maschinerie eines Großtheaters konkurrieren will und kann. Schade für alle, die die Vorstellung verpasst haben.

NÜRNBERGER NACHRICHTEN - Montag, 24. August 2015
(Claudia Schuller)
Shakespeare im Zelt, tragisch und komisch
Die Theatertruppe Comoedia Mundi bringt "Hamlet" mit nur vier Darstellern großartig auf den Punkt

Einen knapp zusammengefassten "Hamlet" voller possenhafter Komik und gut durchdachter Anspielungen auf den Missbrauch der Macht zeigte Comoedia Mundi im Theaterzelt.  Mit vier Darsteller kommt die Inszenierung des Shakespeare-Klassikers aus, weshalb kräftig gestrichen und doppelbesetzt wurde - Ophelia tritt gar nicht auf. So gelingt es Regisseur Her.bert Fischer, das Garn um die Figuren loszuwerden, um an die nackten Charakterspindeln heranzukommen.

Schaut, wie blöd ist dieses komplizierte Ende mit den vielen Toten,scheint Fischer zu denken, daher lässt er es nur andeuten und von einem
Hausmeister burlesk erzählen. In dieser Fassung gibt es keine Kämpfe ums Ganze, denn es ist schon alles verloren. Das belegt Maximilian
Berger als Hamlet, der wie eine Figur - erscheint, die über das Stück hinausgewachsen ist. Berger spielt den Dänenprinzen - auf einem stilisierten Thron-Stuhl hängend, die Augen geschlossen- zunächst wie einen Junkie. Seine grimmige Trance ist schon Teil der Ermittlung, die er führt.
Er weiß von Anfang an, dass sein Vater vom eigenen Bruder, Hamlets Onkel, ermordet wurde. Nun muss er Indizien sammeln und Rache üben.
Doch Berger löst sich zunehmend vom Tänzerischen, Fallsüchtigen einer Marionette, er gehorcht zwar dem Rachebefehl des Vaters, bleibt aber er selbst. Bisweilen bewegen seine Lippen sich, als äfften sie nach, was am Hof gesprochen wird. So gibt Harnlet den Irren. Er durchschaut alle Menschen, indem er sich clever verstellt und sie zum Mitspielen zwingt. Und er erwischt sie, wenn sie in ihr wahres Wesen zurückfallen. Eine Meisterleistung von Berger.

Daneben gibt Fabian Schwarz den mörderischen König Claudius als verzweifelten, schwachen Charakter, der mit seiner Tat nicht leben kann. Loes Snijders legt die Königin Gertrud naiv und weich an. Beide brillieren jedoch erst so richtig in ihren komischen Rollen als trotteliger Spitzel
Güldenstern und bayerischer Hausmeister. Zudem singt Snijders mit rauchiger Chansonstimme zwei wunderbare Lieder. Merle Lisek überzeugt in
Hosenrollen als burschikoser Horatio und rasender Laertes. Die Bühne mit ihren Stoffbahnen, die als Projektionsfläche für Filmeinlagen dienen, ist ein echter Kunstgriff. So spart man fast alle Requisiten und zeigt doch alles.

Große Kunst, derart auf den Punkt zu kommen, ein grandioser Theaterabend.

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