Aktueller denn je präsentierte sich das Zelttheater Comoedia Mundi am Samstagabend auf der Mühleninsel. Zur Premiere wurde Hans Falladas „Kleiner Mann - was nun?“ gegeben. Dabei glänzte das Schauspieler-Ehepaar Loes Snijders und Fabian Schwarz in den Rollen der Verkäuferin Emma Mörschel und des Angestellten Johannes Pinneberg, sowie in vielen Nebenrollen.
Hans Falladas Stück ist eine Blaupause der Zeit der 1920er- und 30er-Jahre: Und doch vermutete man sich im Verlauf der Handlung teilweise in das Hier und Jetzt versetzt. ,,Kleiner Mann - was nun?" ist die Geschichte eines Paares, welches sich kennen und lieben lernt und dessen Lebensweg geprägt ist von den Umständen der damaligen Zeit. Die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche sind es, die dem Paar das Leben schwer machen. Bald auch wird - entgegen aller finanziellen und familiären Widerstände - geheiratet.
Die freudige Erwartung auf den ,,Murkel", das gemeinsame Kind, erhellt kurzzeitig den Lebensweg der beiden und lässt unrealistische Fantasien erblühen. Emma Mörschel, genannt Lämmchen und Johannes Pinneberg werden Opfer gewissenloser Unternehmer, unliebsamer Mitmenschen und der wandelnden Gesellschaft, weg von der Weimarer· Republik hin zur dunklen Zeit der Naziherrschaft in Deutschland. Akuter Geldmangel, Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit und die Wirtschaftskrise - allesamt auch in unserer Zeit aufwallend - stehen dem jungen Glück brutal entgegen.
Loes Snijders und Fabian Schwarz lassen das gemeinsame Leben der beiden Hauptfiguren auf einer Bühne ablaufen, die an Minimalismus kaum zu überbieten ist. Es ist die schauspielerische Kraft der beiden, die den episodisch aneinander gereihten Szenen Nachdruck verleihen und Falladas Werk Glanz und Tiefenwirkung angedeihen lassen. Momente haltloser Glückseligkeit wechseln sich ab mit tiefen Depressionen und Verzweiflung. Nebenbei erfüllen sie die Rollen der das Paar begleitenden Protagonisten mit Leben.
Deren Rollen und Geschlechter werden handlungsbedingt durchgewechselt und erschaffen so einen Rahmen, der die schauspielerischen Grenzen auslotet. Snijders wie Schwarz überwanden diese Grenzen mit Leichtigkeit und beherztem Spiel. Sie wanderten von Charakter zu Charakter, spielten deren Überheblichkeit, Kälte und Großkotzigkeit überzeugend aus, ohne dabei den Seelenzustand und die Befindlichkeiten der beiden Hauptfiguren auch nur einen Moment aus den Augen zu lassen. Weg vom klassischen Theaterbetrieb, hinein in die besondere Welt des Theaters auf Rädern führte die Vorstellung, begleitet von Ulrike Moeckel, die die Szenerien licht- und tontechnisch veredelte - und einem begeisterten Publikum, das eine gelungene Premiere erleben durfte.