ERLANGEN - Alexis Sorbas - na klar, das ist doch dieser griechische Haudrauf, trinkfest und rauflustig, der keinen Rock auslässt und ständig Sirtaki tanzt. Ein Typ, gegen den alle verblassen. Jedes Theaterensemble, das sich an diesen Stoff (nach dem Roman von Nikos Kazantzakis) wagt, muss gegen die Übermacht des gleichnamigen Films und gegen Anthony Quinn antreten, der seine Rolle des Großen Zampano aus „La Strada" noch übertrifft. Wie soll man aus diesem Schatten heraustreten und etwas Eigenständiges kreieren? Das Comoedia Mundi Ensemble versucht es im Theaterzelt an der Bleiche mittels Reduktion und Minimalismus. Nur zwei Darsteller teilen sich die vier Rollen. Und weil kein Mann dem Quinn-Sorbas das Wasser reichen kann, übernimmt den Part eben eine Frau: Loes Snijders (auch Regie) gibt mit Schiebermütze und tiefkehliger Ansprache den mit allen Wassern gewaschenen Hallodri, wogegen Fabian Schwarz (auch Bearbeitung und Bühne) den zögerlichen Geistesmenschen und Möchtegern-Unternehmer Basil ebenfalls sehr überzeugend darstellt.
In diesen beiden Figuren entzündet sich der Hauptkonflikt zwischen Aktion und Planung, zwischen Theorie und Tat. Während Basil von einer besseren Welt träumt und dafür einiges in die Wege leitet, lebt Alexis Sorbas nur im Hier und Heute. Wenn ihm zum Feiern zumute ist, dann verschwendet er die Mittel, die für das bessere Morgen gedacht sind, für die flüchtigen Freuden des Heute. So gesehen, ist „Alexis Sorbas", der ja stets als Lebenskunst-Roman und -Film gehandelt wird, auch eine Anti-Utopie.
Es bleiben noch zwei tragische Nebenfiguren: die geheimnisvolle Witwe in Schwarz, die alle Männer verrückt macht, sowie Madame Hortense, eine französische Prostituierte, deren bessere Tage weit zurückliegen. Diese Rolle teilen sich Snijders und Schwarz. Was in der tuntigen Aufmachung erst zum Lachen reizt, erweist sich im Fortgang der Handlung als höchst tragisches Element. Hortense stirbt in der Illusion, in Alexis endlich den Mann fürs Leben gefunden zu haben.
Der personale Minimalismus findet auch in der Inszenierung seine Entsprechung. Kulissen gibt es fast gar nicht, Geräusche wie Regen-Prasseln, Meeresrauschen, Feuerknistern und Hintergrundmurmeln kommen vom Band und setzen das Vorstellungsvermögen des Publikums in Gang. Ein Prinzip, das sich auch beim Einsturz der Seilbahn bewährt und seinen akustischen Höhepunkt findet.
Viel Beifall für wenig Aufwand - so geht es also auch.