Wie sich der blasse Poet Basil in einen sinnenfrohen Mann verwandelt, ist sehenswert. Das griechische Schlitzohr Alexis Sorbas ist dabei sein Lehrmeister. Im Theaterzelt „Comoedia Mundi“ am Grieser Spitz ist jetzt noch bis 17. September der Romanstoff auf der Bühne zu erleben.
„Alexis Sorbas“, die namensgebende Hauptperson des Romans von Nikos Kazantzakis aus dem Jahr 1946 ist ein struppiger Lebenskünstler wie er im Buche steht, voll unzähmbarer Lust an den Freuden der Gegenwart, ganz gleich wie trist die Umstände auch sein sollten. Er ist das Gegenteil des verkopften Schriftstellers Basil, der ihn als ausgefuchsten Vorarbeiter in seinem Bergwerk engagiert.
Über eine Million verkaufter Bücher allein in Deutschland und der bekannte Sirtaki-Tanz haben bei vielen ein durchaus unvollständiges Bild griechischer Wirklichkeit entstehen lassen, genährt auch durch Mikis Theodorakis' Musik zum Film, der mit drei Oscars aus-gezeichnet wurde und die Menschen in Scharen in die Kinos lockte. Von der gefühlvollen Umsetzung des Romans auf die Bühne zeigte sich bei der Premiere in Regensburg auch Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer begeistert: „Eines meiner Lieblings-Sujets!"
Nikos Kazantzakis verarbeitete auch Autobiographisches. Das Bergwerk stand in der Rea1ilität auf der Peloponnes, im Film war es in Kreta. Das pralle Leben in all seinen Facetten, Liebe, Streben nach Glück und Erfolg, spektakuläres Scheitern und Tod: Dieses sinnliche Panorama breitet die Wanderbühne „Comoedia Mundi" am Grieser Spitz aus.
Loes Snijders und Fabian Schwarz schöpfen gekonnt aus dem Repertoire theatraler Mittel. Musik, Tanz, Einspielungen und Pantomime fassen prägnant lange Textpassagen „wortlos" zusammen. Mit großer Spielfreude schlüpfen Schwarz und Snijders in sämtliche Rollen, verleihen etwa der tragisch-komischen Madame Hortense abwechselnd Leben. „Bei uns spielt eben Frau Mann und Mann Frau und Mann Mann und Frau Frau." Liebhaber gepflegten Genderns kommen auf ihre Kosten.
„Sehnsucht nach Weite, die Frage nach dem, was wirklich zählt im Leben, waren für uns in den von den Einschränkungen der Pandemie geprägten Monaten der Motor, diese Ode an das Leben zu inszenieren", umreißt das Theater-Paar seinen Antrieb. Dass sich die Akteure am Roman orientieren und eben nicht an den ikonischen Bildern des Films, ist als Vorteil zu sehen. So bleibt der Vorstellungskraft der Zuschauer viel Raum. Und am Ende, nach dem spektakulären Zusammenbrechen der Seilbahn, tanzen im Zelt zum Sirtaki auch die Sterne.