LANDSHUT aktuell - 2.10. 2013
(Michaela Schabel)
„Verbrennt die Sieben!"
Comoedia Mundi mit „Die Geschichte von Ulenspiegel" auf der Mühleninsel

Landshut.  Die Comoedia Mundi setzt auf ihren Theatertourneen Akzente, die nachhaltig im Gedächtnis bleiben. Dass das 30-jährige Theaterjubiläum dem berühmten Narr Till Eulenspiegel gilt, ist der gemeinsamen Freiheitsliebe geschuldet. So wie Till Eulenspiegel im 15. Jahrhundert in die Zwickmühle zwischen Kirche und Kaiser gerät, so befindet sich die Comoedia Mundi als Wandertheater oft in der Zwickmühle zwischen etablierten Theatern vor Ort, Behördenrestriktiven, schlechtem Wetter und notorischen Finanzierungsproblemen. Dazu bedarf es nicht nur vom Chef der Truppe Fabian Schwarz viel Esprit, Wagemut und philosophische Gelassenheit...

Der Inszenierungsstil Herbert Fischers ist deutlich in der Brecht-Ära angesiedelt. Die Szenencollage, stattliche 20 kleine Erzählkapitel (Buch: Fabian Schwarz), entfaltet epische Breite, spannendes Spiel und immer wieder desillusionierendes Kommentieren. Aber die sechs Ensemblemitglieder wissen in fast 40 Rollen zu verzaubern, weil sie so mit Hingabe spielen, dass ihnen tatsächlich die ganze Bandbreite zwischen Macht und Ohnmacht im Gesicht steht und man im kleinen Theaterzelt das Bühnengeschehen hautnah miterlebt. Die Spielfreude der Comoedia Mundi steckt an und entführt in die Zeit der Wandertheater, in der allein im Spiel der Gaukler die Auswüchse der Macht dargestellt werden konnten.

Nicht Till Eulenspiegel, der Narr aus den Schwankgeschichten, steht im Mittelpunkt, sondern der geschundene, ausgebeutete Mensch, der die Machtprozesse zu durchschauen beginnt, sich auflehnt und umso stärker seine Machtlosigkeit erfährt. Maximilian Berger zeigt weniger einen wiefen als einen lernfähigen Bauernburschen. Von dem vom Eros faszinierten Jungspund entwickelt er sich angesichts der Auswüchse der Macht um ihn herum zum Revolutionär, der letztendlich durch die Intuition der Frauen seinen Weg findet. Merle Lisek und Loes Snijders zeigen die unterschiedlichsten Facetten einer Frau, sind treu Liebende und Hure, Hexe und Engel zugleich, Gefolterte und geistig Umnachtete.

Ohne Kulisse und nur mit wenigen Requisiten entsteht über Klangcollagen und Livemusik der Kosmos zwischen Poesie und Folter, Himmel und Hölle, schamanischer  Geisterbeschwörung und satirischem Ablasshandel. Im Detail blitzt die Gegenwart auf: der Papst mit pädophiler Geste, Till per Drogenrausch in die Intuition, die globalisierte Weltverbesserung im babylonischem Songmix. Das Happy End, die symbolische Verbrennung der sieben Laster als Ausblick in eine ideale ideologiefreie Welt, bleibt märchenhafte Vision...






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